Johannes Paul II. (lateinisch Ioannes Paulus PP. II, bürgerlicher Name Karol Józef Wojtyła, [ˈkarɔl ˈjuzɛf vɔjˈtɨu̯a], Aussprache ?/i, * 18. Mai 1920 in Wadowice, Polen; † 2. April 2005 in der Vatikanstadt) war vom 16. Oktober 1978 bis zum 2. April 2005 Papst der römisch-katholischen Kirche. Mit 26 Jahren und 5 Monaten weist sein Pontifikat die zweitlängste belegbare Dauer in der Geschichte der katholischen Kirche auf. Johannes Paul II. war bislang einziger slawischer Papst. Es wird ihm eine maßgebliche Rolle bei der Beendigung des Sozialismus in seinem Heimatland Polen zugeschrieben. Am 28. Juni 2005 begann sein Seligsprechungsprozess.
Kindheit und Jugend
Karol Wojtyła wurde am 18. Mai 1920 in Wadowice, einer Kleinstadt bei Krakau geboren. Seine Eltern waren der ehemalige k. u. k. Offizier Karol, der als Schneider tätig war, und Emilia, geb. Kaczorowska. Die Mutter starb, als Karol neun Jahre alt war. Im Alter von 12 Jahren verlor er seinen älteren Bruder Edmund, der am 5. Dezember 1932 als junger Mediziner in Bielitz (Bielsko-Biała) an Scharlach starb. Seine Schwester lernte der spätere Papst nie kennen, da sie noch vor seiner Geburt verstarb.
Ab 1930 besuchte er das Gymnasium und wirkte ab 1934 bei Theateraufführungen mit. Wojtyła war Ministrant und galt als strebsamer Schüler und beendete die Schule mit Bestnoten. Im Sommer 1938 siedelte er mit dem Vater nach Krakau über und schrieb sich zum Studium der Philosophie und Literatur in Polen in der Jagiellonen-Universität ein. Drei Jahre später, im Jahre 1941, starb sein Vater.
An der Universität schloss sich Wojtyła der Experimentaltheatergruppe „Studio 39“ um Tadeusz Kudliński an, in der er bis 1943, zuletzt im Untergrund, wirkte. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde die Universität von der deutschen Besatzungsmacht geschlossen, 183 Professoren wurden verhaftet, ein Teil von ihnen kam im Konzentrationslager ums Leben. Wojtyła führte seine Studien in der Untergrunduniversität fort, wurde aber zur Zwangsarbeit in einem Steinbruch sowie vom Frühjahr 1942 bis August 1944 in einer Chemiefabrik verpflichtet. So konnte er seine Deportation zur Zwangsarbeit nach Deutschland verhindern.
Wadowice und Krakau sind Orte, die bis zum Zweiten Weltkrieg sehr stark durch die jüdische Kultur beeinflusst waren. Sie wurden prägend für Wojtyłas positives Verhältnis zum Judentum. Seine Interessen waren breit gefächert; groß war sein Engagement im rhapsodischen Theater. Im Oktober 1942 trat er ins geheime Priesterseminar der Erzdiözese Krakau ein. Von da an bis zum Kriegsende fand er Zuflucht in der Residenz des Erzbischofs Adam Stefan Sapieha.
Priester und Professor
Am 1. November 1946 empfing Wojtyła heimlich die Priesterweihe vom inzwischen zum Kardinal erhobenen Adam Stefan Sapieha und promovierte in den folgenden zwei Jahren auf dessen Anweisung in Rom am Angelicum über den Glauben des Johannes vom Kreuz. Am 3. Juli 1947 erwarb er das Lizenziat der Theologie, im Juni 1948 das Doktorat der Philosophie.
Im Anschluss war er als Kaplan in Niegowic bei Gdów und später in der Krakauer Studentenkirche Sankt Florian tätig, wo er schon bald für seine Predigten bekannt war. Wojtyła promovierte Ende 1949 auch in Theologie.
Ab 1953 lehrte Wojtyła als Professor für Moraltheologie in Krakau und bekam 1954 einen Lehrauftrag für Philosophie und Sozialethik an der Katholischen Universität von Lublin, wo er 1955 auch habilitierte.
Bischof und Kardinal
Am 28. September 1958 wurde er zum Weihbischof von Krakau geweiht. Wojtyła nahm aktiv am Zweiten Vatikanischen Konzil teil; sein Hauptaugenmerk lag dabei auf der Religionsfreiheit, die in dem Dokument Dignitatis humanae beschworen wurde, und einer zeitgemäßen Verkündigung der kirchlichen Lehre, die im Konzilspapier Gaudium et Spes gefordert wurde.
Am 13. Januar 1964 folgte Wojtyła Erzbischof Eugeniusz Baziak im Amt des Erzbischofs von Krakau. Sein Episkopat in Krakau war vor allem durch eine „sanfte“ Konfrontation mit dem kommunistischen Regime Polens geprägt. Sein Beharren auf dem Bau einer Kirche in der neu gegründeten Arbeiterstadt Nowa Huta und seine Predigten, in denen er oft die freie Ausübung der Religion für alle Polen forderte, zeigten ihn als unerschrockenen Antikommunisten. 1965 war er maßgeblich an dem Brief des polnischen Episkopats an die deutschen Amtsbrüder beteiligt, in dem zur Versöhnung zwischen beiden Völkern aufgerufen wurde. Auch dies machte ihn zum Objekt scharfer Attacken seitens der kommunistischen Machthaber.
Zum Kardinal erhoben wurde er am 26. Juni 1967 mit der Titelkirche San Cesare in Palatio.
Im Zuge der kirchlichen Bemühungen um eine deutsch-polnische Aussöhnung besuchte Wojtyła 1974 die Bundesrepublik Deutschland und zelebrierte mit Kardinal Döpfner am 19. September eine Versöhnungsmesse im Karmelitinnenkloster Heilig Blut innerhalb des ehemaligen KZ Dachau. Als Papst sprach er später 48 der dort inhaftierten Priester selig. Im September 1975 zelebrierte er mit Bischof Joachim Meisner, den er später zum Kardinal ernannte, den Wallfahrtsgottesdienst in Erfurt. Ein letzter Deutschlandbesuch vor seiner Wahl erfolgte 1978 an der Seite des Primas von Polen Kardinal Wyszyński.
Pontifikat
Zu den Auslandsreisen vergleiche: Auslandsreisen des Papstes Johannes Paul II.
Anfangsjahre
Am 16. Oktober 1978 wurde Karol Wojtyla von den 111 zum Konklave versammelten Kardinälen (im 8. Wahlgang mit 99 Stimmen, andere Quellen nennen 97 Stimmen) in der Sixtinischen Kapelle als Nachfolger des am 28. September 1978 verstorbenen Johannes Paul I. zum nach kirchlicher Zählung 264. Papst und Bischof von Rom gewählt (hierzu ausführlicher: Konklave 1978 (Oktober)). Damit war er der erste nicht-italienische Papst seit Hadrian VI. (* 1459 in Utrecht, heute Niederlande) sowie der erste slawische Papst der Kirchengeschichte. Johannes Paul II. war bei seiner Wahl mit 58 Jahren der jüngste Papst seit Pius IX. Zudem war er in außerordentlich guter körperlicher Verfassung. Im Gegensatz zu anderen Päpsten vor ihm trieb er in jener Zeit noch Sport, er schwamm und fuhr regelmäßig Ski. So soll der Papst mehr als 100 Mal heimlich den Vatikan verlassen haben, um Ski zu laufen.[1]
Am 25. Januar 1979 begab sich der Papst auf die erste von insgesamt 104 Auslandsreisen in die Dominikanische Republik, nach Mexiko und auf die Bahamas.
Am 4. März 1979 veröffentlichte Johannes Paul II. seine Antrittsenzyklika Redemptor Hominis, die ihn als Papst der Menschenrechte erscheinen ließ und den markanten Satz enthielt: Der Weg der Kirche ist der Mensch.
Illegale „Briefmarke“ der Solidarność Walcząca („Kämpfende
Solidarność“) zur finanziellen Unterstützung der Organisation (vermutlich 1982)
In den ersten Jahren des Pontifikats standen das Beharren auf der Religionsfreiheit und eine damit verbundene Konfrontation mit den kommunistischen Regimes Osteuropas im Vordergrund. Die Außenpolitik Johannes Pauls II. gegenüber dem Ostblock unterschied sich hier von der seiner kompromissbereiteren Vorgänger. Die polnische Parteiführung konnte eine Pastoralreise in die Heimat aufgrund seiner Popularität nicht verhindern. Vom 2. Juni bis 10. Juni 1979 besuchte er zum ersten Mal als Papst sein Heimatland Polen. In Polen sahen etwa 10 Mio. Menschen den Papst, was etwa ein Viertel der gesamten polnischen Bevölkerung darstellte. Johannes Paul II. wurde zum Symbol des polnischen Widerstands.
Im November 1980 besuchte er erstmals als Papst die Bundesrepublik Deutschland.
Attentate
Attentat 1981 auf dem Petersplatz
Am 13. Mai 1981 verübte der türkische Rechtsextremist Mehmet Ali Ağca auf dem Petersplatz in Rom ein Attentat auf Johannes Paul II. Dieser wurde dabei durch drei Projektile schwer verletzt und 20 Tage lang in der Gemelli-Klinik behandelt. Am 20. Juni 1981 wurde er erneut wegen der Schussverletzungen in die Klinik gebracht und nach einer Operation am 14. August wieder entlassen.
Da die Marienverehrung für Johannes Paul II. besonders wichtig war und der Tag des Attentats auf den Tag fiel, an dem sich in Fátima die erste Marienerscheinung ereignet hatte, schrieb Johannes Paul II. seine Rettung der Gottesmutter zu und bedankte sich mit einer Wallfahrt in den portugiesischen Wallfahrtsort. Dabei brachte er das Geschoss, das ihm aus dem Bauch entfernt worden und inzwischen vergoldet und in eine kleine Krone gefasst war, der Madonna von Fátima als Geschenk dar. Die Madonna trägt bis heute diese Krone mit der Kugel auf dem Kopf.
Die Hintermänner des Attentats wurden beim sowjetischen Geheimdienst KGB vermutet. Es blieb allerdings lange Zeit eine Vermutung, da Ağca sich bis März 2005 beharrlich über die Hintergründe des Attentats ausschwieg. Inzwischen behauptet er, Unterstützung aus dem Vatikan erhalten zu haben. 2006 kam ein Untersuchungsausschuss des italienischen Parlaments zu dem Schluss, dass das Attentat im Auftrag Breschnews vom russischen Geheimdienst GRU in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Geheimdienst sowie der Stasi verübt wurde. Aufsehen erregte der Papst, als er den Attentäter, dem er schon auf dem Krankenbett vergeben hatte, nach der Genesung im Gefängnis besuchte.
Attentatsversuch 1982 in Portugal
Am 12. Mai 1982, während der Pilgerreise des Papstes in Portugal zum Dank, dass er das Attentat überlebt hatte, versuchte der ultrakonservative katholische Priester und Anhänger des französischen Bischofs Marcel Lefebvre, Joan Fernandez Krohn mit einem Bajonett ein weiteres Attentat auf den Papst zu verüben, konnte jedoch von dessen Leibwächtern überwältigt werden. Der Attentäter begründete sein Handeln mit der „Rettung“ der katholischen Kirche vor den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils.
Die 80er Jahre nach den Attentaten
Beim Bad in der Menge,
Petersplatz, 22. April 1987
Vom 28. Mai bis 2. Juni 1982 besuchte Johannes Paul II. als erster Papst seit der Trennung der Anglikanische Kirche vor 450 Jahren Großbritannien. Während seines sechstägigen Aufenthaltes wurde er von Königin Elisabeth II. empfangen und besuchte einen ökumenischen Gottesdienst in der Kathedrale von Canterbury. Am 15. Juni 1982 besuchte der Papst erstmals die Schweiz, 1983 erstmals Österreich.
Aus Anlass des UNO-Jahres der Jugend verkündete Johannes Paul II. 1985 die Schaffung der Weltjugendtage. Der erste offizielle Weltjugendtag, welcher daraufhin zu einem regelmäßig wiederkehrenden Anlass wurde, fand 1986 in Rom statt.[2]
Am 27. Oktober 1986 kam es in Assisi zu dem von Johannes Paul II. initiierten Gebet der Weltreligionen für den Frieden.
Kurz nach dem Fall der Berliner Mauer – am 1. Dezember 1989 – empfing er Michail Gorbatschow. Es war das einzige Mal, dass ein Generalsekretär der KPdSU von einem Papst empfangen wurde.
Die 90er Jahre
Am 31. Oktober 1992 übergab die Päpstliche Akademie der Wissenschaften ihren Bericht zum Fall Galileo Galilei, mit dessen Aufarbeitung sie Johannes Paul II. 1979 beauftragt hatte. In seiner Rede bedauerte der Papst das gegenseitige Missverstehen von Wissenschaft und Kirche. Am 2. November 1992 wurde Galileo Galilei von der römisch-katholischen Kirche formal rehabilitiert.
1994 kürte das US-Magazin TIME Johannes Paul II. zum Mann des Jahres.
Am 15. Januar 1995 hielt der Papst in Manila vor vier Millionen Menschen den größten Gottesdienst in der Geschichte der römisch-katholischen Kirche. Es war zugleich die größte bekannte Versammlung in der Geschichte der Menschheit. Am 21. Januar 1998 führte ihn eine Pilgerreise ins sozialistische Kuba.
Johannes Paul II. musste sich in den 90er Jahren mehreren Operationen unterziehen. Am 15. Juli 1992 wurde ihm ein gutartiger Tumor aus dem Dickdarm entfernt. Am 29. April 1994 brach er sich bei einem Sturz im Badezimmer den Oberschenkel und musste sich daraufhin ein künstliches Hüftgelenk einsetzen lassen.
Mit der Öffnung der Heiligen Pforte am 25. Dezember 1999 begannen die Feierlichkeiten für das Heilige Jahr 2000. Am 12. März 2000 sprach der Papst ein „Mea culpa“ für die Kirche wegen ihrer Verfehlungen wie Glaubenskriege, Judenverfolgungen und Inquisition aus. Acht Tage später begann eine Reise nach Israel, Jordanien und in die Palästinensergebiete, bei welcher er die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel besuchte und an der Klagemauer betete.
Das neue Jahrtausend
Unter dem Eindruck der Anschläge des 11. Septembers und des darauf folgenden Kriegs in Afghanistan organisierte der Papst am 24. Januar 2002 ein zweites Weltgebetstreffen.
Im Jahr 2003 war Johannes Paul II. für den Friedensnobelpreis nominiert.[3] Am 24. März 2004 wurde ihm in Rom der außerordentliche Karlspreis der Stadt Aachen für seinen Einsatz für Frieden, Freiheit und Demokratie in Europa verliehen. Im Juni 2004 erhielt er von George W. Bush die Freiheitsmedaille, die höchste zivile Auszeichnung der USA.
Krankheit und Tod
Der kränkliche Papst Johannes Paul II.
am 22. September 2004
Der sich verschlechternde Gesundheitszustand Johannes Pauls II. prägte die letzten Jahre seines Pontifikats. Aufgrund der Parkinson-Krankheit zeigten sich bei öffentlichen Auftritten in zunehmendem Maße Lähmungserscheinungen und Schwierigkeiten beim Sprechen. Des weiteren litt der Papst unter den Folgen des Attentats und angeblich einer schweren Arthritis im rechten Knie als Folge einer Hüftoperation.
Die zunehmenden körperlichen Einschränkungen führten zu Spekulationen über einen Rücktritt, eine Möglichkeit, von der in der Geschichte der römisch-katholischen Kirche nur selten Gebrauch gemacht wurde. Johannes Paul II. erklärte, er lege seine Amtszeit in Gottes Hände, und lehnte hiermit einen Rücktritt indirekt ab. Diese Überzeugung äußert sich auch in Anmerkungen in seinem Testament.
Anfang 2005 kam es zu einer dramatischen Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Am 1. Februar 2005 wurde Johannes Paul II. wegen Kehlkopfentzündung und Atemnot in die Gemelli-Klinik in Rom gebracht. Nachdem er am 10. Februar entlassen werden konnte, musste er aufgrund eines Rückfalls am 24. Februar wieder eingeliefert werden. Am selben Tag wurde ein Luftröhrenschnitt durchgeführt. Am 13. März 2005 kehrte Johannes Paul II. in den Vatikan zurück, konnte aber erstmals in seiner Amtszeit nicht aktiv an den Osterfeierlichkeiten teilnehmen, sondern zeigte sich am Ostersonntag (27. März) nur stumm am Fenster seines Arbeitszimmers zur Spendung des Segens Urbi et Orbi. Am 30. März 2005 ließ sich der Papst zum üblichen Mittwochstermin erneut am Fenster seiner Privatgemächer sehen. Es war sein letzter öffentlicher Auftritt.
Laut einem offiziellen Bericht des Vatikans im Amtsblatt Acta Apostolicae Sedis sprach Johannes Paul II. als letzte Worte am 2. April 2005 um 15:30 Uhr auf polnisch: „Lasst mich zum Haus des Vaters gehen!“. Vier Stunden später fiel er in ein Koma. Um 21:37 Uhr verstarb Johannes Paul II. im Alter von 84 Jahren in seinen Privaträumen, am Vorabend des Sonntags der Göttlichen Barmherzigkeit. Einen erneuten Krankenhausaufenthalt und intensivmedizinische Behandlung hatte er abgelehnt. Sein Sterben war international von einer sehr ausführlichen Live-Berichterstattung der Medien begleitet.
Beisetzung
Begleitet von intensiver Berichterstattung der Medien kam es im Anschluss an den Tod von Johannes Paul II. zunächst zu Versammlungen in vielen größeren Metropolen und anschließend zu einer Pilgerbewegung nach Rom, wo am Abend des 4. April 2005 der Leichnam aufgebahrt wurde. Bereits während des ersten Tages erwiesen eine halbe Million Menschen dem verstorbenen Papst die letzte Ehre.
Zur Totenmesse am 8. April 2005 auf dem Petersplatz kamen 3,5 Millionen Pilger nach Rom; viele davon aus Polen. 200 Staats- und Regierungschefs sowie hohe geistliche Vertreter verschiedener Religionen wohnten der Zeremonie bei. Zu den Gästen zählten unter anderem der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel Bartholomäus I., der Metropolit von Smolensk und Kaliningrad als Vertreter des Außenamtes der Russisch-Orthodoxen Kirche sowie der Papst der Koptischen Kirche.
Die Totenmesse wurde vom Dekan des Kardinalskollegiums, dem deutschen Kardinal Joseph Ratzinger, geleitet, der wenige Tage später zum Nachfolger Johannes Paul II. gewählt wurde (Benedikt XVI.). In seiner Predigt würdigte er das Leben und das Pontifikat Karol Wojtyłas. Die Messe und das Heraustragen des Sarges wurden vom Beifall der Pilger begleitet. Sprechchöre und Spruchbänder zahlreicher Pilger forderten die sofortige Heiligsprechung Johannes Pauls II. Es war eine der größten Beisetzungszeremonien in der Geschichte des Christentums.
Das Grab Johannes Pauls II.
Johannes Paul II. wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der Papstgruft des Petersdoms an der Stelle beigesetzt, die bis zu dessen Umbettung 2001 Grabstätte Johannes XXIII. gewesen war. Vor und nach dem Tod Johannes Pauls II. hatte es Gerüchte gegeben, der Papst wolle in seiner polnischen Heimat beigesetzt werden. Auch über die Überführung seines Herzens nach Polen wurde spekuliert. Die Entscheidung darüber überließ er jedoch testamentarisch dem Kardinalskollegium, welches sich gegen diese beiden Optionen entschied.
Seligsprechungsprozess
Wenige Wochen nach dem Tod des Papstes, am 13. Mai 2005, dem Tag des Attentats von 1981, gab Papst Benedikt XVI. die Absicht bekannt, den Seligsprechungsprozess baldmöglichst einzuleiten. Er setzte für diese Entscheidung die kirchenrechtlichen Bestimmungen außer Kraft, nach denen dieser Prozess erst fünf Jahre nach dem Tod des Betreffenden eröffnet werden soll. So war es möglich, den Prozess bereits am 28. Juni 2005 in der feierlichen Vesper zum Hochfest Petrus und Paulus in der Lateranbasilika zu eröffnen; die Diözese Rom ist für die Durchführung des Seligsprechungsprozesses verantwortlich.
Kurz vor dem ersten Todestag beendete das Krakauer Tribunal seine Untersuchungen über sein Leben bis zur Papstwahl. Anschließend begann ein Tribunal in Rom mit der Aufarbeitung seines Pontifikats. Die Spontanheilung der französischen Ordensschwester Marie Simon-Pierre von der Parkinson-Krankheit wurde als das für die Seligsprechung erforderliche Wunder ausgewählt.
Der auf diözesaner Ebene ablaufende Seligsprechungsprozess wurde am 2. April 2007 in der Lateranbasilika abgeschlossen.
Morallehre
Sexualmoral
Johannes Paul II. wich nicht von der vor allem von Pius XI. in der Enzyklika Casti connubii begründeten und seither von jedem Papst vertretenen Lehre, wonach künstliche Empfängnisverhütung den Katholiken nicht erlaubt ist, ab. Er folgte der traditionellen Lehre der katholischen Kirche, wonach Sexualität gleichermaßen dem Zweck der Fortpflanzung wie dazu dient, den Partnern Freude zu bereiten; wenn nur einer der beiden Zwecke erreicht sei (also etwa die Fortpflanzung willentlich ausgeschlossen ist), handele es sich um „fehlgeleitete Sexualität“. Schon vor seiner Amtszeit als Papst hatte er maßgeblich an der Enzyklika Humanae Vitae Pauls VI. mitgewirkt, in der die Pille als Verhütungsmittel abgelehnt wurde.
In der Enzyklika Evangelium Vitae lehnte Johannes Paul II. auch andere Eingriffe in die menschliche Sexualität, wie etwa die Sterilisation, ab und vertrat darüber hinaus die Auffassung, dass die Verwendung von Kondomen auch zur Vorbeugung von sexuell übertragbaren Krankheiten (wie z.B. AIDS) nicht erlaubt sei. Stattdessen plädierte er für sexuelle Enthaltsamkeit. Wegen seiner Einflussnahme zur Verhinderung von Kondomnutzung sah sich Johannes Paul II. häufig der Kritik von Seiten der UNO sowie anderer Organisationen und Gruppierungen ausgesetzt und wurde von Kirchenkritikern (etwa Uta Ranke-Heinemann) für die Ausbreitung der Immunschwächekrankheit mit verantwortlich gemacht. Verteidiger der päpstlichen Linie halten dagegen, die HIV-Infektionsraten seien in nicht überwiegend katholischen Ländern am höchsten und die Ausbreitung von AIDS in Afrika liege vor allem an der mangelhaften gesundheitlichen Aufklärung.
Im Bezug auf Homosexualität forderte Johannes Paul von Lesben und Schwulen Keuschheit. Von römisch-katholischen Politikern erwartete er die Ablehnung einer rechtlichen Anerkennung homosexueller Partnerschaften, unabhängig davon, ob sie in Form einer Ausweitung des Ehebegriffs auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften erfolgt oder durch Einführung des Rechtsinstituts einer eingetragenen Partnerschaft.[6]
Schwangerschaftsabbruch
Im Buch „Erinnerung und Identität – Gespräche an der Schwelle zwischen den Jahrtausenden“ rief Johannes Paul II. dazu auf, Gesetze zum Thema Abtreibung zu hinterfragen. Parlamente, die Gesetze verabschiedeten, die Frauen einen Schwangerschaftsabbruch ermöglichten, sollten sich bewusst sein, dass sie damit ihre Befugnisse überschritten und in offenen Konflikt mit dem Gesetz Gottes und dem Naturrecht gerieten.
In den 1990er Jahren sprach sich Johannes Paul II. mit Nachdruck gegen eine Lockerung der Gesetze in seinem Heimatland Polen aus. Abtreibung sei „Mord“.
Unter Berufung auf sein Jurisdiktionsprimat veranlasste der Papst die deutschen Bischöfe im Herbst 1999, bei Schwangerenberatungen durch kirchliche Träger das Ausstellen einer Beratungsbescheinigung zu verbieten, welche in Deutschland Voraussetzung für eine straffreie Abtreibung bis zum dritten Schwangerschaftsmonat ist. Beratungsstellen in kirchlicher Trägerschaft verloren damit ihre staatliche Anerkennung. Die Mehrheit der deutschen Bischöfe wollte die katholische Schwangerenberatung innerhalb des staatlichen Systems nicht aufgeben und hatte seit 1995 vergeblich versucht, ihren Argumenten beim Papst Gehör zu verschaffen. Die Bischöfe vertraten die Meinung, die katholische Schwangerenberatung sei ein wichtiger Beitrag zum Schutz von ungeborenem Leben. Nach dem Ausstieg der katholischen Kirche aus dem staatlichen System kam es zur Gründung des Vereins Donum Vitae, der anstelle der bisherigen kirchlichen Träger eine „katholisch geprägte Schwangerenberatung“ innerhalb des staatlichen Systems anbietet.
Ökologie
Für Johannes Paul II. war die fortschreitende Umweltzerstörung ein moralisches Problem, eine Konsequenz der aus der Balance geratenen Beziehung der Menschen mit der Schöpfung. Die Möglichkeit der Vermeidung einer ökologischen Katastrophe sah er in der Rückbesinnung auf christliche Werte. Ursachen der ökologischen Probleme waren für ihn nicht nur politische Hindernisse wie Formen von übertriebenem Nationalismus und ökonomische Interessen sondern insbesondere die mangelnde Solidarität der Menschen. Johannes Paul II. forderte immer wieder, Verantwortung für sich, für andere und für die Erde zu übernehmen.[7] Er betonte deshalb die „ökologische Berufung“ aller Christen, die eine Umkehr zu ökologisch tragfähigen Lebensstilen und globaler Solidarität als ein unverzichtbares Glaubens- und Lebenszeugnis in der modernen Gesellschaft propagiere. Sie sei Ausdruck der Ehrfurcht vor dem Schöpfer und zugleich der Verantwortung für künftige Generationen.[8]
Sozialethik
Neben seiner Kritik am Kommunismus und Sozialismus war Johannes Paul II. auch ein scharfer Kritiker des neoliberalen Kapitalismus. Er nahm energisch für die Rechte der Armen und der Arbeitenden Partei und griff Ausbeutung und Verletzung von Menschenrechten an, beispielsweise in seinen Enzykliken Laborem Exercens (1981) und Sollicitudo Rei Socialis (1987). Die Enzyklika Centesimus Annus von 1991, veröffentlicht aus Anlass des 100. Jahrestags der ersten päpstlichen Sozialenzyklika Rerum Novarum, akzeptiert die soziale Marktwirtschaft mit größerer Deutlichkeit als frühere Dokumente. Im Kompendium der Soziallehre der Kirche, vom Vatikan 2004 herausgegeben (deutsche Übersetzung 2006), werden die Grundzüge der katholischen Soziallehre in knapper Form zusammengefasst. Nach Johannes Paul II. ist die Sozialordnung aber nur Teilaspekt einer „Zivilisation der Liebe“, die er, anknüpfend an eine Formulierung Papst Pauls VI. von 1975, insbesondere der Jugend als Programm empfiehlt.
Kirchenpolitik
Von Johannes Paul II. besuchte Länder
Die Amtszeit von Johannes Paul II. war geprägt von einer verstärkten Wahrnehmung der repräsentativen Aspekte des Papstamtes. Dies zeigte sich von Anfang an vor allem durch zahlreiche Auslandsreisen des Papstes, Pastoralbesuche genannt. Sie trugen ihm rasch den Spitznamen „Eiliger Vater“ ein. Die Bundesrepublik Deutschland besuchte Johannes Paul II. in den Jahren 1980, 1987 und 1996, Österreich 1983, 1988 und 1998. Die Schweiz besuchte er viermal (1982, 1984, 1985, 2004).
Interreligiöser Dialog
Johannes Paul II. setzte sich stärker als seine Vorgänger für den interreligiösen Dialog ein, insbesondere mit dem Judentum, dessen Vertreter er als die „älteren Geschwister der Christen“ bezeichnete, und dem Islam. Sichtbaren Ausdruck fanden diese Bemühungen insbesondere in den beiden von ihm organisierten Weltgebetstreffen der Religionen 1986 und 2002 in Assisi. Auch während der von ihm ins Leben gerufenen Weltjugendtage betonte Johannes Paul II. den Dialog zwischen den Kulturen und Religionen. Am 13. April 1986 besuchte Johannes Paul II. in Rom als erster Papst eine Synagoge, am 6. Mai 2001 mit der Umayyaden-Moschee in Damaskus als erster Papst eine Moschee.
Am 16. März 1998 beklagte der Vatikan im Dokument Nachdenken über die Shoa die Mitschuld von Christen am Holocaust. Das päpstliche mea culpa am 12. März 2000 wurde als historischer Akt bezeichnet. Johannes Paul II. hatte darin kirchliche Verfehlungen im Zusammenhang von Glaubenskriegen, Judenverfolgungen und Inquisition eingestanden. Auf seiner Pilgerreise nach Israel, Jordanien und in die Palästinensergebiete im Jahr 2000 betete der Papst an der Klagemauer, dem bedeutendsten jüdischen Heiligtum, und besuchte die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Bereits früher, am 30. Dezember 1993, konnte in Jerusalem der Grundlagenvertrag des Vatikans mit Israel über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen unterzeichnet werden.
Für seine Bemühungen wurde Johannes Paul II. 2005 mit dem „Award of Tolerance and Contribution to Dialogue“ von der rumänischen Kommission der UNESCO ausgezeichnet.
Ökumene
Ein besonderes Anliegen des Papstes war die Ökumene.
Bei seinem ersten Deutschlandbesuch 1980 wurde eine katholisch-lutherische Kommission eingesetzt, deren Arbeit in die 1999 von der römisch-katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund in Augsburg unterzeichnete Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre mündete. Johannes Paul II. war der erste Papst, der eine lutherische Kirche besuchte. Er stellte aber auch fest, dass wegen der unterschiedlichen Auffassungen von der Eucharistie bzw. vom Abendmahl eine Interkommunion zur Zeit nicht möglich sei. Er verbot daher im am 17. April 2003 veröffentlichten Dokument Ecclesia de Eucharistia die Teilnahme von katholischen Priestern an protestantischen Abendmahlsfeiern bzw. die Einladung von evangelischen Christen zur katholischen Eucharistie. Das Verbot führte bei fortschrittlichen Priestern und Gruppierungen innerhalb der katholischen Kirche zu heftiger Kritik. Auch die Vertreter anderer Konfessionen bedauerten die Aussagen des Schreibens, mit dem Johannes Paul II. auf der Linie seiner Vorgänger geblieben war.
Auch die von der Kongregation für die Glaubenslehre verfasste und von Johannes Paul II. bestätigte Erklärung Dominus Jesus, in der den protestantischen Kirchen der Rang als gleichberechtigte Partnerinnen der katholischen Kirche abgesprochen wurde, ist insbesondere im konfessionell gemischten Deutschland heftig kritisiert worden. Seitens der evangelischen Kirchen wurde aber auch festgestellt, dass die Erklärung Dominus Jesus inhaltlich keine neue Position darstellte. Man stieß sich besonders am Stil und am Zeitpunkt der Erklärung. In Dominus Jesus wird dargelegt, dass sich die katholische Kirche in einem anderen, nämlich sakramentalen Sinne als Kirche versteht, als manche evangelischen Kirchen dies von sich tun.
In Bezug auf die orthodoxen Kirchen kam es zwar zu Annäherungen, die Bemühungen des Papstes, nach Moskau zu reisen, um dort den wichtigsten Vertreter der Orthodoxie – den russischen Patriarchen Alexej II. – zu treffen, scheiterten jedoch an dessen Widerstand. Alexej warf der katholischen Kirche erhöhte Missionstätigkeit in orthodoxen Glaubensregionen vor.
Innerkirchliche Angelegenheiten
Johannes Paul II. galt in innerkirchlichen Angelegenheiten als konservativ. Kritiker warfen ihm vor, er lasse missliebige Theologen, Priester, Ordensleute und Bischöfe „inquisitorisch verfolgen“, beispielsweise Tissa Balasuriya (Sri Lanka), Leonardo Boff (Brasilien), György Bulányi (Ungarn), Edward Schillebeeckx (Belgien), Bischof Jacques Gaillot (1995 als Bischof von Evreux abgesetzt und zum Titularbischof des nicht mehr existierenden Bistums Partenia ernannt) und Erzbischof Raymond Hunthausen (USA; 1991 in den Ruhestand versetzt). Den seit 1973 erfolgten Versuchen der kongolesischen Bischöfe zur Inkulturation von einheimischen Elementen in die Liturgie stand er hingegen offen gegenüber und promulgierte 1988 den Zairischen Messritus.
Johannes Paul II. ließ am 17. Mai 1993 den ersten Weltkatechismus seit 1566 herausgeben, in dem Glaubenslehre und Moral behandelt werden.
Heilig- und Seligsprechungen
Johannes Paul II. hat in seiner Amtszeit 1338 Selig- und 482 Heiligsprechungen vorgenommen. Die Zahl aller von seinen Vorgängern in den letzten 400 Jahren insgesamt heilig gesprochenen Personen ist nur etwa halb so hoch. Die erste Heilige des neuen Jahrtausends ist die polnische Nonne Maria Faustyna Kowalska - sie gilt als "Apostelin der Barmherzigkeit Gottes". Anlässlich ihrer Heiligsprechung am Weissen Sonntag des Heiligen Jahres 2000 erklärte Johannes Paul II. den Weissen Sonntag zum "Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit". Johannes Paul II. sprach unter anderen die italienische Kinderärztin